Keine Heilung einer ordentlichen Kündigung durch SchonfristzahlungOrientierungssatz zur Anmerkung Eine innerhalb der Schonfrist erfolgte Nachzahlung führt nicht zur Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung, kann die Pflichtverletzung des Mieters aber in milderem Licht erscheinen und somit die Erheblichkeit der Vertragsverletzung entfallen lassen. - A.
Problemstellung Das LG Hamburg hatte im Rahmen einer Räumungsklage darüber zu entscheiden, ob eine nachträgliche Zahlung von Mietrückständen innerhalb der Schonfrist auch die Wirksamkeit der hilfsweise erklärten ordentlich Kündigung wegen des Zahlungsrückstandes beeinflusst. Konkret befasste es sich mit der Frage, ob die innerhalb der Frist des § 569 BGB erfolgte nachträgliche Zahlung die Pflichtverletzung des Mieters in einem milderen Licht erscheinen lassen kann und somit einer ordentlichen Kündigung entgegensteht.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Zwischen den streitenden Parteien bestand ein Mietverhältnis, welches im März 2024 seitens des Vermieters fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt wurde. Grund der Kündigung waren Mietrückstände, welche durch die Mieter sodann beglichen wurden. Der Vermieter hielt an seiner Kündigung fest und klagte schließlich auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Die Klage wurde vom AG Hamburg-Blankenese abgewiesen. Das LG Hamburg hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen und das Urteil der Vorinstanz bestätigt. So sei das Mietverhältnis nicht durch die hilfsweise erklärte fristgerechte Kündigung vom 08.03.2024 beendet worden, da die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung nach § 573 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen haben. Das habe sich jedoch nicht aus der Zahlung innerhalb der Schonfrist ergeben, welche zu der Unwirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung geführt habe. So bestehen beide Kündigungstatbestände unabhängig voneinander nebeneinander, wobei sich eine Schonfristzahlung nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung nur auf die fristlose Kündigung auswirke. Im zu entscheidenden Fall hatten die Beklagten innerhalb kurzer Zeit nach Erhalt der Kündigung die Rückstände beglichen, wobei sie dabei den von dem Kläger geltend gemachten erhöhten Betrag gezahlt hatten, ohne dass zuvor ein Einverständnis der Erhöhung der Gesamtmiete herbeigeführt worden war. Das Verhalten der Beklagten wies für das LG Hamburg eine grundsätzliche Bereitschaft auf sich vertragsgemäß zu verhalten und das Mietverhältnis nicht zu gefährden. Auch berücksichtigte es den Umstand, dass zwar mietvertraglich geregelt worden sei, dass die Miete durch Überweisung zu zahlen sei, soweit kein Einzug erfolge, es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagten der Ansicht waren, dass, bis auf die Nachzahlung, wieder eine Einziehung erfolgen werde, so dass ein zu einer Kündigung berechtigendes schuldhaftes Verhalten nicht festgestellt werden könne.
- C.
Kontext der Entscheidung Der Begründung der vorstehenden Entscheidung ist zuzustimmen. So hat der BGH in einem ähnlichen Fall ebenfalls die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung angenommen (BGH, Urt. v. 05.10.2022 - VIII ZR 307/21; BGH, Urt. v. 19.09.2018 - VIII ZR 231/17; BGH, Urt. v. 20.07.2016 - VIII ZR 238/15; BGH, Urt. v. 16.02.2005 - VIII ZR 6/04). Dabei betonte er erneut, dass die innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB erfolgte Nachzahlung der Mietrückstände lediglich Folgen für die auf § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützte fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung hat und eine schematische Übertragung der Wirkung der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung nicht vom Gesetzgeber gewollt war (Rolfs in: Staudinger, BGB, 2024, § 573 Rn. 51b). Gleichwohl ist die erfolgte Nachzahlung bei der Prüfung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung durch den Mieter gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 16.02.2005 - VIII ZR 6/04 - WuM 2005, 446). Insbesondere kann ein unverzügliches Ausgleichen der Mietrückstände sowie ein Verhalten, das auf eine grundsätzliche Bereitschaft zur vertragsgemäßen Erfüllung und Erhaltung des Mietverhältnisses hinweist, die Pflichtverletzung in milderem Licht erscheinen lassen und die Erheblichkeit der Vertragsverletzung entfallen lassen (AG Mannheim, Urt. v. 03.04.2019 - 4 C 4743/18).
- D.
Auswirkungen für die Praxis Aus dem Urteil des LG Hamburg ergeben sich keine neuen Auswirkungen für die Praxis. Es folgt der bisherigen Rechtsprechung des BGH und setzt damit die gefestigte Rechtsprechung um. Eine Entscheidung zugunsten des Mieters kann durch eine Prüfung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung aufgrund der Nichtzahlung des Mieters gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfolgen (vgl. Rolfs in: Staudinger, BGB, 2024, § 573 Rn. 52; LG Bonn, Urt. v. 06.11.2014 - 6 S 154/14 - WuM 2015, 293). Im Rahmen einer solchen Prüfung müssen sämtliche Umstände des Einzelfalls Berücksichtigung finden, wie beispielsweise die Höhe und Dauer des Zahlungsverzugs (vgl. Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 16. Aufl. 2024, Rn. 18). In einigen Fällen könnte die ordentliche Kündigung aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise i.S.d. § 242 BGB als treuwidrig angesehen werden (AG Mannheim, Urt. v. 03.04.2019 - 4 C 4743/18 Rn. 35).
|